Gegenüber der ehemaligen Müllerhalle findet man endlich das Restaurant UMI, welches grob in 3 Wörtern beschrieben werden kann – frech, laut und grün. Modern interpretiertes Sushi – auch vegetarisch und vegan – mit vielen überraschenden Extras, kombiniert mit viel Neonlicht, Kunst und grünem Berliner Einschlag.
Das UMI Gendai No Kaishaku Restaurant, frei übersetzt moderne Sushi-Interpretation, findet man gerade in den Abendstunden schnell. Die riesige Glasfront wird von einer UMI-Leuchtschrift und anderen Neon-Reklamen ausgeleuchtet. Es ist offen, hell, farbig und modern. Eine große Lounge im Eingangsbereich lockt Besucher zum Verweilen oder Warten ein und gewährt schon einen Blick in das Restaurant mit dem großen Tresen und integrierter Sushi-Station. Im gesamten Restaurant findet man Arbeiten von verschiedenen Künstlern, wie das Mural eines asiatischen Gabelbartes vom Berliner Maler Onur Dinc. Das Interieur ist bunt, aber stimmig, und besteht zum größten Teil aus Upcyling-Elementen.
Die Karte ist ebenso bunt, künstlerisch, frech und vielfältig. „Mila ist ein Superstar“, eine vegane Sushi-Variante, wurde mit Tempura-Lauch, Tempura-Paprika, Kräutern von InFarm, Hummus, Kichererbsen und Wasserkastanie serviert. Dies war nicht nur optisch ein Kracher, denn jede einzelne Komponente hatte ihren Auftritt und der Reis war auf den Punkt. Ein bisschen mehr Power beim Hummus würde Mila dann komplett so strahlen lassen, wie die Sonne über Fujiyama – Meckern auf hohem Niveau. Das Hot’n Spicy Tuna Roll war umwerfend! Scharfer Thunfisch, Gurke, Kräuter, mit einer Chili-Lime-Mayo zum niederknien, Kim Chi und Peperoni, ließen die Geschmacksknospen tanzen. Dass die Küchencrew um Betreiber Luan noch mehr draufhat, bewies das Gericht „Dancing Kuh“. Feinste, zwei Tage in Sojasauce eingelegte Rinderoberschale, war auf den Punkt medium geschmort und dafür muss man echt „Eier“ haben – 100 % abgeliefert.
Die Paprika, der leicht nussige Babymais, Zwiebeln, verschiedene Kräuter und Sesamreis, ließen rein gar nichts vermissen. Wer kulinarisch richtig in Aromen eintauchen will, es aber leicht mag, dem empfehlen wir die Ocean Bowl mit frischem rohen Lachs, Tuna, Butterfisch und Garnele im Tempuramantel auf warmen Sesambutterreis, Salatkräutermix, Tomatensalsa und Guacamole. Erwähnen muss man auch die Salatkräuter oder Mixe von InFarm, die von höchster Qualität sind und Geschmack ohne Ende haben – einfach herrlich. Das Dessert „Roti Roti“ war eine Mischung aus leckeren Pfannkuchen, nur eben aus Blätterteig, Kondensmilch, Kokosflocken und karamelisierte Banane – eine asiatische, fruchtige aber auch süße Sünde. Das Gericht sah zwar einfach aus, aber durchläuft drei Prozesse in der Küche. Auch lohnt es sich, die selbst gemachten Limos zu probieren – die können zudem tolle Appetizer sein.
Betreiber Luan hat in der oberen Müllerstraße eine „Weddinger Schatzschatulle“ geschaffen. Der gebürtige Weddinger mit vietnamesischen Wurzeln kam zur seiner Abi-Zeit zum ersten Mal mit Sushi in Berührung, als er im Laden seines Onkels ausgeholfen hat. „Wer nichts wird, wird Wirt“, resümiert der lockere und sympathische Allrounder lachend. Da es in Deutschland keinen anerkannten Berufsabschluss als Sushi-Koch gibt, musste Luan seine Skills unter anderem im ehemals bekannten Café Silberstein (Berlin) und in Luzern ausbauen – es folgten sieben Jahre der Selbstständigkeit mit einem Sushi-Restaurant in Charlottenburg. „Irgendwann war es Zeit, sich wieder zu verändern und zu sich zu finden“, erzählt er weiter. Zur Auswahl standen Kreuzberg, Neukölln und Wedding. Die Wahl fiel nicht schwer und so ging es wieder in seine alte Heimat, den Wedding, wo die Familie nach wie vor wohnt. Hier fand er einen Rohdiamanten. „Sushi, Pflanzen und Upcyling ist total mein Ding“ und das sieht man wirklich überall im UMI. Vom Boden bis zur Decke wurde das meiste selbst umgesetzt – Luan hatte dabei immer Unterstützung von der Familie, Freunden und der Nachbarschaft selbst. Sein „Abfuck-Look“ kommt an, denn das Publikum ist komplett gemischt. „Meine Gäste sind super hier. Von 25 bis über 50 Jahre hast du alles hier – das ist geil“, sagt der sympathische Gastronom mit einem breiten Grinsen.
Bei einer Sache versteht der 36-Jährige aber keinen Spaß – der Qualität. So war von Anfang an klar, dass er auch bewusst neue Wege in Sachen Ökologie und Nachhaltigkeit gehen will, er holte sich InFarm mit ins Boot. Das 2013 in Berlin gegründete Start-up-Unternehmen ist bekannt für Vertical Farming und bietet ökologisch erzeugte Salat-, Kräuter und Gemüsesorten an. Im UMI geht man bald noch einen Schritt weiter und integriert im Innenhof eine eigene Aufzuchtstation – „Farming next door“ für Salat und Kräuter. Die Kulinarik ist im UMI mit der Kunst fest verwoben. So gibt es akustisch eher von Daftpunk, Cool & the Gang und Hip Hop was auf die Ohren und „keinen Pop-Scheiß“, wie uns Betreiber Luan zum Schluss noch berichtet.
Das UMI bietet nicht nur was für jeden Gaumen, sondern auch höchste Qualität und große Portionen – was zu Recht auch bisschen mehr kosten darf. Die klassische Sushi-Platte zum Selberzusammenstellen sucht man hier vergebens und das ist so gewollt – Sharing is Caring. Des Weiteren werden verschiedene asiatische Gerichte angeboten. Wo andere asiatische Läden mit Surimi aufwarten, wird hier unter anderem echter Butterkrebs angeboten. Viel Platz und große Tische sind auch für größere Gruppen interessant – bitte vorher reservieren. Da hat die ehrwürdige alte Flaniermeile, die Müllerstraße, wieder einen Spot, im doch gastronomisch eher überschaubaren Norden des Weddings, mit all seinen Dönerläden, an der Grenze zu Reinickendorf.